Feldpostbrief vom 26.1.1942 – Bad Reichenhall

Liebe Mutter und liebe Lisl!

Recht schönen Dank für Eure Karte und viele viele herzliche Grüße. Bin noch immer in der Kaserne und in der Schreibstube. So geht es mir vorläufig noch recht gut, bis auf eine starke Erkältung, die ich mir zuzog. Habe argen Husten und Schnupfen, doch ist dies jetzt eine allgemeine Erscheinung und geht bald vorbei, mit dem schlechten Wetter. Es war die letzte Zeit sehr kalt und jetzt fällt noch fortwährend viel Schnee. Habe es aber in der Kanzlei sehr schön und das Glück nicht in der großen Kälte sein zu müssen. Muss täglich und stündlich an die Kameraden an der Front denken und so weiß ich es auch zu schätzen, wie gut ich es diesen Winter habe. Eigentlich wäre ich ja auch schon längst wieder unterwegs nach Russland, den vor Kurzen ging ein Transport ab. Der Spieß hat mich jedoch erst für die nächste Abstellung eingeteilt. Es waren größtenteils Rekruten, die jetzt hinauskamen und diese müssen vorm Einsatz sowieso noch, mit erfahrenen Soldaten, hinter der Front eingeschult werden. Bin natürlich froh, dieses Treiben nicht mehr mitmachen zu müssen. Pech habe ich blos mit meinem Urlaub. Musste ihn nun schon so oft aufschieben. Nun sollte ich Mitte Jänner fahren, da kommt plötzlich infolge Überlastung des Bahnverkehrs eine Sperre für alle Wehrmachtsangehörige und nun sitze ich wieder hier und muss weiter warten. Doch warten ist mal ein Stück des Soldatendaseins und bin ich schon gewohnt. Schade ist nur, dass ich Roman nicht sehen konnte, da wir ja, seit seinem Besuch in Reichenhall, vor mehr als einem vollen Jahre, nimmer beisammen waren. Seine Frau hat mir geschrieben, dass er schon wieder bei seiner Einheit steht und so wird es sobald kein Wiedersehen geben. Obwohl auch Fredi mal Urlaub kriegen wird, war er doch auch schon lange nimmer daheim. Hoffentlich ist er auch noch im Innendienst, wenigstens solange es noch kalt ist, besonders da oben im Norden. Hier in Reichenhall ist, an sonnigen Tagen, der schönste Bergwinter, nur habe ich halt keine Gelegenheit, diesen richtig auszuwerten. Zum Skifahren bleibt mir wenig Zeit und langt es gerade für kleinere Ausflüge oder Abendspaziergänge um gerade wenigstens ein bisschen frische Luft zu schnappen. Wir haben viel Schreibarbeit, weil ja täglich neue Verwundete oder Kranke aus den Lazaretten oder auch direkt von der Front zu uns kommen. Viele haben schon starke Erfrierungen. Müssen alle untergebracht und betreut werden. Sie werden hier im Revier nachbehandelt und ausschließend auf Genesungsurlaub geschickt. Wird alles mehrfach verbucht und so gibt es eine Menge zu tun. Ich bearbeite die Nachtausgangsverlängerungen, Dienstreisen, arbeits- und übrigen Urlaube, also alle Hände voll zu tun. So freue ich mich wirklich, wenn ich auch mal heimfahren darf, denn nachher geht es ohnehin wieder dahin. Und nun, wie geht es Euch den immer, liebe Mutter und liebe Lisl? Bald ein Jahr haben wir uns nimmer gesehen und sehne ich mich schon sehr auf Lilienfeld und ein Wiedersehen. Hoffentlich dauert es nicht mehr zu lange und bleibt mir bis dahin gesund und seid nochmals recht herzlich gegrüßt und geküsst vom Eurem Toni

Der originale Feldpostbrief

Feldpostbrief Anton Steinacher 26011942 Genesungskompanie E100
Fotografie des originalen Feldpostbriefes von Anton Steinacher vom 26.1.1942
Feldpostbrief Anton Steinacher 26011942 Genesungskompanie E100 Absender
Absender: Soldat A. Steinacher Genesungskompanie E100

Weitere Infomationen zu diesem Feldpostbrief

Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall

Anton Steinacher absolvierte seine Gebirgsjäger Grundausbildung im Jahr 1940 in der Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall. Der Truppenübungsplatz liegt im Kirchholz und ist etwa 3 Kilometer von der Kaserne entfernt. Die Schießanlage befindet sich im Nesselgraben (Ortsteil Thumsee).

Hochstaufen Kaserne Bad Reichenhall
Von Manniman2 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0