Web3-Readiness 2025: 80% der DACH-Unternehmen verpassen die Dezentralisierung

In der digitalen Welt wird mit Abstand am häufigsten „the next big thing“ angekündigt. So häufig tatsächlich, dass die meisten Rezipienten dieser Pitches mittlerweile gar nicht mehr so genau zuhören. Egal, ob 3D-Fernsehen, Google Glass, Second Life oder Metaverse als Facebook-Killer. Immer wieder taucht ein neues Phänomen auf, verspricht, die Welt zu revolutionieren und verschwindet dann in der Bedeutungslosigkeit. Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie lösen kein echtes Problem, sind zu kompliziert, oder sind nur aufgebauschte Spekulationsblasen ohne Mehrwert – oftmals sogar mehrere Aspekte davon gleichzeitig. Doch mit Web3 hat man einen vielleicht schwer greifbaren, aber ernsthaften Kandidaten, der wirklich das nächste große Ding sein könnte.

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Der Web3 Readiness Report 2025 kommt zu alarmierenden Ergebnissen

Wenn man die DACH-Region fragt, falsch. Der Web3 Readiness Report 2025 kommt zu alarmierenden Ergebnissen: 80% aller Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kennen Web3-Technologie entweder gar nicht oder nur oberflächlich. Fast zwei Drittel von ihnen haben noch nicht ein einziges Web3-Projekt gestartet und weniger als die Hälfte plant überhaupt ein Budget irgendeiner Art für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Vielleicht liegt es an der Müdigkeit, auf den neuen großen Trend aufzuspringen, oder die Angst, das Investment könnte sich nicht auszahlen. Aber die Fakten sprechen eine andere Sprache. Bereits heute entstehen außerhalb des deutschsprachigen Raums Märkte in Billionenhöhe – woher kommt diese Blindheit für so ein gewaltiges Thema?

Die "The next big thing"-Pandemie

Betrachten wir zunächst den wahrscheinlichsten Grund für das fehlende Vertrauen, die „The next big thing“-Pandemie. Wie bereits erwähnt, gab es seit den 2000ern und bereits davor unsägliche Beispiele für revolutionäre Konzepte, die komplett floppten. Um 2010 war die TV-Industrie fest davon überzeugt, dass nach HD zwangsweise 3D kommen müsse. Kinofilme wurden aufwändig in 3D produziert – der bedeutendste Katalysator dafür war vermutlich der Erfolg des 2009 erschienenen Film „Avatar“ von James Cameron. Alle Big Player in der TV Produktion investierten Unmengen an Geld, um 3D ins Wohnzimmer zu bringen. Das große Problem? Keiner wollte zuhause eine nervige Brille tragen, um unausgereifte Technik zu „genießen“, die als Hauptfeature ein undeutlicheres Bild vorweisen konnte. Bereits 2017 stellten die größten Hersteller, Samsung und LG, das Projekt ein und die einst so revolutionäre Technologie verschwand.

Auch Second Life und das Metaverse verschwanden so schnell, wie sie aufkamen. Die Technik war zu unausgereift und Menschen hatten genügend in ihrem echten Leben zu tun, um sich überteuerte virtuelle Grundstücke zu kaufen, nur um nach einer halben Stunde wegen Motion Sickness ihre Brille wieder ausziehen zu müssen. Große Unternehmen hielt das zwar nicht davon ab, Millionenbeträge in eben diese Grundstücke zu investieren, aber alles, was davon heute übrig ist, sind Geisterstädte und kaputte Träume. Die Google Glasses waren zu globig, zu teuer und der Akku war nach ein paar Minuten leer. Außerdem gab es massive Datenschutzbedenken und naja – sie sahen auch ziemlich lächerlich aus.

All diese Projekte haben eines gemeinsam: Sie lösen kein Problem. Klar ist die Idee einer virtuellen Welt oder einem Film, der sich im gesamten Wohnzimmer abspielt, aufregend, aber keiner brauchte diese Technologien wirklich. Dazu kam, dass die Einstiegshürde viel zu groß war, um die Massen zu erreichen, weil die Technik schlichtweg zu kompliziert oder unausgereift und teuer war. Aber wieso ist Web3 anders? Und was für ein Problem löst Web3?

Was genau ist Web3 eigentlich?

Web3 bezieht sich auf die allgemeine Entwicklung des Internets. Als das Internet aufkam (Web1), war es im Endeffekt nicht mehr als eine schlichte Datenbank. Ein glorifiziertes Telefon- und Branchenbuch, das für die Wissenschaft interessant war, aber nichts, was den Ottokatalog oder den Einzelhandel je ernsthaft ablösen würde.

Die erste Revolution des Internets war die Einführung von Interaktionsmöglichkeiten. Das Web2 und damit das Internet, wie wir es heute kennen, wurde geboren. Auf Social Media, wie Facebook und Instagram konnte man sich austauschen und sein Leben mit seinem Umfeld teilen. Versandhäuser wurden von Amazon nach und nach verdrängt und TV-Sender mussten sich Strategien überlegen, um mit YouTube, Netflix und Co. mithalten zu können – mit mittelmäßigem Erfolg. Es war eine komplette Umstellung vom Telefonbuch zu dem vermutlich wichtigsten Aspekt des modernen Lebens. Aber was ist das Problem mit „Web2“, das Web3 zu lösen verspricht?

Einfach gesagt: Monopole und Datenschutzbedenken.

Große Konzerne wie Google, Meta und Amazon haben eine immense Vormachtstellung und sind so mächtig und global, dass es beinahe keine einzelne Regulierungsbehörde unter Kontrolle bringen kann. Das Geschäft mit unseren Daten scheint sich immer etwas schneller weiterzuentwickeln, als Gesetze und Datenschutz hinterherkommen.

Und vor allem: Es gibt quasi keinen wirklichen digitalen Besitz. Wenn eine Serie auf Netflix entfernt wird, hat man keine Möglichkeit mehr, sie anzusehen, selbst wenn man gerade deshalb das Abo gekauft hat. Wenn Steam jemals aufgelöst wird, hat man keinen Zugriff mehr auf seine Spiele und Künstler haben keinerlei Möglichkeit, dem Diebstahl ihrer Kunstwerke entgegenzuwirken.

All das soll Web3 lösen

Durch Dezentralisierung und Transparenz über die Blockchain soll Kontrolle über die eigenen Daten, Besitztümer und Verträge sichergestellt werden. Investitionen benötigen keine Banken mehr. Kaufverträge werden über Smart Contracts abgewickelt und Plattformen haben keine Entscheidungsgewalt darüber, ob und wo sich jemand mitteilen kann. Es löst also ein klares Problem, aber wieso müssen Unternehmen so dringend auf den Zug aufspringen?

Praxisbeispiele? Gibt’s längst.

Während Industriebetriebe noch Strategiepapiere schreiben, nutzen andere längst Web3-Strukturen. Krypto Coins im Casino etwa zeigen mit „Provably Fair“-Systemen, wie Vertrauen ohne Mittelsmann funktioniert: Jede Spielrunde ist mathematisch überprüfbar – Fairness als Code, nicht als Versprechen.

Auch der Finanzsektor zieht nach. Börse Stuttgart, Deutsche Bank oder Siemens experimentieren mit Blockchain-basierten Anleihen. Prognosen zufolge wandern bis 2027 rund 20 % der Bankgeschäfte auf die Blockchain.

Seit Dezember 2024 sorgt die EU-Verordnung MiCA endlich für klare Regeln. Lea Horn von Arvato Systems betont: „Web3 bietet enormes Potenzial für transparente Lieferketten und manipulationssichere Prozesse.“ Endlich ein rechtlicher Rahmen, der Innovation nicht mehr ausbremst, sondern ermöglicht.

Mut schlägt Vorsicht

Die gute Nachricht: Die 30- bis 39-Jährigen verstehen Web3 – sie wachsen mit Wallets und Smart Contracts auf. Die schlechte: 80 % der Unternehmen warten trotzdem ab. Doch wer jetzt nicht handelt, verpasst nicht nur Marktanteile – sondern die nächste digitale Revolution.